Spieglein, Spieglein an der Wand...

Wer ist der Stärkste im ganzen Land?

George!!! Dieser Ansicht sind zumindest fünf Kinder im Alter von 8 und 9 Jahren nach einem verregneten Samstagnachmittag in der Vovinam-Akademie im Stuttgarter Westen.

Vovi-was?

Vovinam ist eine vietnamesische Kampfkunst zur Selbstverteidigung und basiert auf der chinesischen Philosophie des Yin und Yang („Hart und Weich ergänzen einander“). Ziel des Vovinam ist das Überwinden der eigenen körperlichen Grenzen.
Vovinam-Schüler lernen eine Fülle von Schlag- und Tritttechniken, beschäftigen sich aber auch mit den Themen Kampfgeist, Mut und Beharrlichkeit.

Disziplin und Respekt werden bei dieser Sportart ganz groß geschrieben – so lernen die Kinder auch gleich zu Beginn, die Verhaltensregeln zu befolgen. Angefangen bei der Verbeugung vor dem Trainer und den Mitschülern, über eine saubere Kleidung bis hin zum höflichen Schweigen, wenn der Lehrer etwas erklärt.

Und wer ist der Mann der diese exotische Sportart so meisterlich beherrscht?

Das ist George Appiah, 1967 in Ghana geboren und mittlerweile weit über die Grenzen Stuttgarts bekannt.
Nachdem George 1983 an einer Berufsfachschule einen Vietnamesen kennenlernte ist er der Faszination des Vovinam erlegen. Er gründete 1993 seine eigene Vovinam-Akademie und ist seitdem als international gefragter „Vovinam Meister Lehrer“ tätig.

George ist aber nicht nur stark sondern auch sehr engagiert für die Kinder unserer Stadt.
Er arbeitet u.a. als Lehrer an Brennpunktschulen und Kinderheimen und hilft Kindern aus sozial schwachen Familien bei der Bewältigung ihrer psychischen und körperlichen Probleme.

Und was haben die Kinder gelernt?

Nach einer herzlichen Begrüßung und einer kurzen Aufwärmgymnastik erklärt George den Kindern zunächst erstmal das Grundprinzip des Kampfsports:
„Die starke Hand auf dem gütigen Herz“ – Soll heißen: es darf beim Kampf niemand verletzt werden, die Kraft darf nur eingesetzt werden, um zu helfen!

Mit diesem Motto ging es auch schon zu den körperlichen Übungen. George demonstrierte den Kindern zunächst die verschiedenen Angriffs-, Abwehr-, Befreiungs-, und Hebeltechniken, welche mit der Handkante, dem Ellenbogen sowie mit den Armen und Beinen ausgeübt werden. Die Kinder waren fasziniert von Georges Schnelligkeit und Reaktionsfähigkeit. Aber viel Zeit zum Staunen blieb nicht, denn schon sollten die Kids selber auf die Matte und die ersten Techniken ausprobieren. Schnell stellten sie fest, dass die Umsetzung gar nicht so einfach ist und man ganz schön schnell ins Schwitzen kommt. Doch George ist unerbittlich und lässt die Kinder noch weitere 90 Minuten trainieren.

Zum Schluss zeigte er den Kindern noch eine der anspruchsvollsten Übungen: „Die Beinschere“!
Bei dieser Übung sprintet man im hohen Tempo auf seinen Gegenüber zu, springt ab und dreht sich in der Luft in die Waagerechte. Mit den Füßen voraus fliegt man seinem Gegner entgegen, landet auf dessen Schultern und umklammert mit den Beinen Hals und Nacken. Mit dieser Technik können Gegner kampfunfähig gemacht werden ohne sie zu verletzen, erklärt George den Kindern.

Beeindruckt, stolz und müde ließen sich die Kinder auf das große Sofa im Eingangsbereich plumpsen und genossen ihre eisgekühlten Getränke und eine kleine Stärkung. Und die Neugier konnte geweckt werden: „Ich komme jetzt jedes Wochenende“, meinte einer der Jungs, bevor es wieder nach Hause ging.

Ein toller und lehrreicher Nachmittag – danke George!